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Reisen & Schaffensdrang: Interview mit Marisa Hampe

Wer reist, teilt das meistens auch auf Instagram. Die wenigsten jedoch so erfolgreich wie Marisa Hampe. Wie funktioniert so eine ‘creative journey’?

Island, Japan, Bali:  Die beliebtesten Motive auf Instagram werden oft auch zu den beliebtesten Reisezielen der Millennials. Hinter diesen Trends stecken häufig Reiseblogger und sogenannte Influencer, die durch Sponsoring und gezielte Werbung ihre Reisen finanzieren. Sie zeigen perfekt inszenierte Welten, traumhafte Landschaften und einzigartige, versteckte Orte, die bei den Followern Sehnsüchte und Fernweh wecken.

Marisa Hampe ist eine von ihnen. Die Berliner Studentin der Visuellen Kommunikation begann vor einigen Jahren, ihre Work-in-Progress-Arbeiten und Fotografieren auf Instagram hochzuladen. Das positive Feedback ermutigte sie dazu, etwas zu dokumentieren, das sie seit jeher begeistert: Das Reisen. Heute hat sie über 120.000 Fans auf Instagram und ihr Reiseblog erzählt die Geschichten zu ihren einzigartigen Bildern. Wir haben mit Marisa darüber gesprochen, wie man die Reise als kreative Erfahrung nutzen kann.

Reisebloggerin Marisa Hampe. © Marisa Hampe

Vor nur ein paar Jahren hast du deinen Blog gestartet und hast dir mittlerweile eine treue Fanbase von mehr als 120.000 Fans auf Instagram aufgebaut. Was motiviert dich, deine Eindrücke und Routen mit anderen zu teilen?

Mir helfen ferne Orte dabei, gewohnte Pfade hinter mir zu lassen und Dinge aus neuen Perspektiven zu sehen. Wenn ich diese Message mit anderen teilen kann, macht mich das glücklich. Gerade in einer so schnelllebigen Zeit verliert man das Bewusstsein für die eigentlichen Werte im Leben. Daher möchte ich mit meinem Blog die unendlichen Möglichkeiten wieder ins Bewusstsein holen. Viele denken, dass das ein Luxus ist, den man sich erstmal leisten muss. Dazu kann ich sagen, dass ich bis vor einem halben Jahr neben meinem Studium noch als Servicekraft gearbeitet habe. Das Geld, das ich da verdient habe, habe ich gespart, um zu reisen. Ich möchte meine Anhänger dazu inspirieren, ihr Leben auszukosten, auch wenn das manchmal unmöglich oder schwer erscheint.

Wie sehr bist du beim Reisen auf Technologie angewiesen?

Beim Reisen bin ich meistens offline. So kann ich besser in die Destination und das Abenteuer eintauchen. Ich dokumentiere zwar alles, aber teile es erst dann, wenn der aufregende Moment vorbei ist und ich wieder WLAN habe. Ich habe meistens eine Map-App, die offline funktioniert, eine analoge Karte und einen Reiseführer. Natürlich brauche ich meine Kamera, volle Akkus und meinen Laptop, Drohne usw.. Ich könnte mir heute gar nicht mehr vorstellen, ohne die neuen Medien eine Reise zu planen, denn ich wurde in diese Generation hineingeboren, in der man eben nicht ausschließlich analog unterwegs ist. Mein Opa war ein Pionier: Als Berliner Künstler ist er vor dem Krieg bereits nach Afrika und Asien gereist, hat die Welt erkundet und ist schließlich nach Thailand ausgewandert. Wie das wohl funktionierte? Ich kann es mir heute nicht mehr erklären. Was ich am liebsten mag, ist, dass ich mit meinen Reisebekanntschaften sehr simpel in Kontakt bleiben kann.

Marisa Hampe

Offline unterwegs in der Natur. © Marisa Hampe

Einige Instagram-Nutzer kritisieren unter Hashtags wie #YouDidNotSleepThere die Selbstdarstellung und die falsche Inszenierung von Reisezielen in den sozialen Medien. Inwiefern sind deine Posts authentische Momentaufnahmen deiner Reise?

[lacht] Ich kannte diesen Hashtag noch gar nicht! Ich bin amüsiert und finde, dass es natürlich eine faire Kritik gegenüber der übertriebenen Inszenierungen ist. Natürlich sind meine Momentaufnahmen nicht immer authentisch. Sie sind meine eigene Interpretation der Destinationen . Ich versuche, meine Freude beim Reisen einzufangen und meine Follower zu inspirieren.

Nichtsdestotrotz ist es kein Verbrechen, eine Utopie ins Leben zu holen. Jeder eingefangene Moment eines Fotografen oder Filmemachers ist auf gewisse Weise inszeniert, denn man möchte ja nicht nur einen banalen Moment ablichten, sondern auch eine Emotion ausdrücken, die man verspürt. Wenn man jedoch an den Punkt gelangt, bei dem Reiseziele unauthentisch abgelichtet werden und Touristen am Ende enttäuscht sind, ist die Kritik absolut berechtigt. Gerade Instagram nutze ich jedoch lediglich für Inspirationen. Für meine Reise-Recherche orientiere ich mich eher an Blogs und Google Maps.

Des Weiteren würde ich nicht behaupten, dass solche Fotos immer falsche Inszenierungen sind. Wenn ich draußen unterwegs bin, habe ich auch bereits an unvorstellbar traumhaften Orten gecampt oder gepicknickt. Beispielsweise in der Atacama-Wüste unter der Handskultptur (Mano del Desierto) oder ich habe einfach das Auto am Meer geparkt und die Nacht unter dem Sternenhimmel verbracht. Da kann #YouDidNotSleepThere auch ein Trugschluss sein, denn traumhafte Momente existieren wirklich. Der Vorteil aus den digitalen Medien ist eben, dass man durch Ton, Bewegtbild und Text weiter in die Destination eintauchen kann. Es ergibt sich mehr Spielraum, einen bekannten Ort neu zu interpretieren. Ein Freund sagte einmal, dass es heutzutage nichts mehr zu entdecken gäbe. Ich konnte seine Aussage nachvollziehen, doch ich denke, dass man heute eben kreativ sein muss. Nur weil jeder Ort bereits erkundet wurde, heißt es nicht, dass es durch deine Augen und mit deiner Kreativität bereits eingefangen wurde.

“Traumhafte Momente existieren wirlich”: Zum Beispiel an der Mano del Desierto. © Marisa Hampe

Erkennst du einen Wandel in der Tourismuswirtschaft? Hast du schon einmal miterlebt, wie ein Geheimtipp zum gehypten Reiseziel wurde?

Absolut! Als ich in Mexiko war, habe ich ein Bild vom rosanen Salzsee in Las Coloradas gepostet, der seine besondere Farbe durch kleine Mikroorganismen erhält. Dieser war vorher noch völlig unbekannt. Der offizielle Instagram Account, der deutsche, spanische und sogar japanische, haben dieses Foto geteilt. Daraufhin haben auch Fernsehsendungen wie taff und diverse Blogs darüber berichtet und das Foto ging viral. Unzählige Blogger und Touristen haben diesen Ort, der eigentlich kein öffentlich betretbarer Platz ist, besucht und fotografiert. Ich frage mich natürlich, welche Folgen das für die Salzproduktion und dem kleinen Fischerdorf Las Colaradas hat. In Afrika habe ich auch gelernt, dass das Teilen von faszinierenden Orten und Tieren auch Nachteile mit sich bringen kann. Es existieren weltweit nur noch 20.000 Breitmaulnashörner. Einerseits besteht hier der Wunsch, die Problematik an die Öffentlichkeit zu bringen, um zu helfen. Andererseits besteht auch die Gefahr, dass zu viele Menschen dort hinreisen und die Tiere in ihrer natürlichen Umgebung gefährden und stören. Auch Wilderer sind heutzutage online unterwegs und können die Routen verfolgen. Der Wandel ist groß, da Reisen kein Privileg mehr ist und Orte durch das Teilen auf Instagram gehypt werden. Das Internet ist natürlich nicht der einzige Grund. Auch Filme wie “The Beach” erzeugen einen Trend und fördern somit den Tourismus – mit allen Vor- und Nachteilen.

Der rosane Salzsee in Las Coloradas. © Marisa Hampe

Was denkst du, wie soziale Medien den Umgang mit den Reisen verändert haben? Wie hat deine Arbeit als Influencerin dein Verhältnis zu Reisen beeinflusst?

Früher war Reisen exklusiver und aufwändiger, heute ist es für jeden zugänglich. Das liegt weniger an den sozialen Medien, als daran, dass in den 1990ern das Angebot von Billiganbietern anstieg. Mein Verhältnis zu Reisen wurde durch meine Arbeit kaum beeinflusst. Als ich klein war, sind wir einmal im Jahr weggefahren. Nach der Reise habe ich ein Jahr ungeduldig gewartet, bis wir wieder verreisen konnten. So geht es mir heute immer noch – außer, dass die Abstände zwischen den Reisen kleiner geworden sind. Ich bin glücklich, Vorteile als Influencerin genießen zu können. Viele denken ich sei reich, weil Influencer gut bezahlt werden. Meinen Verdienst stecke ich immer weiter in die nächste Reise. Ich lebe also vom Reisen, aber mehr auch nicht. Ich bin jedoch mehr als dankbar, dass ich als 24-jährige Studentin die Welt erkunden darf. Das ist ein großes Geschenk.